Christian Meyer: Über Natur-, Arten- und Gewässerschutz

Rede zur aktuellen Stunde der SPD im Niedersächsischen Landtag

02.07.20 –

Rede zur aktuellen Stunde der SPD im Niedersächsischen Landtag

- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Minister Lies,

kurz vor Weihnachten 2017 hat Ihnen die grüne Fraktion ein Entdeckerset für Insekten geschenkt. Sie erklärten damals das Thema Arten- und Insektensterben für sich entdeckt zu haben und sprachen vom dramatischen Artensterben. Sie wollten dann ein großes Aktionsprogramm vorlegen. Passiert ist nichts.

Mitte 2018 standen die Umweltverbände BUND und NABU vor dem Landtag und überreichten Ministerpräsident Weil einen Forderungskatalog. Passiert ist nichts.

Mitte 2019 kündigte Umweltminister Olaf Lies wieder ganz viele Maßnahmen an. Unter anderem schimpfte er auf Glyphosat, empfahl Roboterrasenmäher zu verbieten. Passiert ist nichts.

Im Herbst 2019 verkündeten dann die Imkerverbände, der Heimatbund, Gewerkschaften, Unternehmen, ökologische Agrarverbände, Bürgerinitiativen, Insektenfreund*innen, BUND, NABU, Grüne und viele weitere Verbände die Pläne für ein Volksbegehren nach dem Vorbild Bayerns, wo die SPD übrigens ebenfalls Unterstützer war.

Nun verfiel die Landesregierung in hektische Panik. Ganz schnell sollte ein Vorgehen wie in Bayern verhindert werden. Nun musste ein Plan oder ein Aus(weg) her. Laut HAZ und Weser-Kurier bot die GroKo den Umweltverbänden Geld an. Finanzminister Hilbers redete hier im Landtag auf eine Frage von Herrn Wenzel von 120 Mio. Euro zur Verhinderung eines Volksbegehrens, konnte aber nicht erklären wo dieser Betrag bereits im Haushalt eingestellt ist.

Agrarministerin Otte-Kinast schreibt jetzt auf ihrer Webseite: Zitat „Zunächst hat die Niedersächsische Landesregierung kurzfristig 120 Millionen Euro zur Erhöhung der Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen im Haushalt bereitgestellt.“

Herr Hilbers, ich finde diese Summe in den von Landtag beschlossenen Haushalten nicht, auch nicht in Ihrem Entwurf für den Nachtrag. Frau Ministerin Sie sollten der Öffentlichkeit nicht die Unwahrheit sagen, bislang ist Geld nur versprochen, aber nicht beschlossen.

Genauso hat noch kein neues Naturschutzgesetz, Wassergesetz und Waldgesetz den Landtag erreicht. Wir kennen die Entwürfe nicht, vielleicht die Regierungsfraktionen, aber die Einbindung der Oppositionsfraktionen von Grünen und FDP in einem breiten Artenschutzkonsens scheint der Landesregierung egal zu sein. Schade, wir sind gerne bereit, in den Ausschüssen und hier im Landtag über guten Naturschutz konstruktiv zu reden.

Anrede,

was sagen wir nun zum Niedersächsischen Weg. Ich zitiere:

„Die Vereinbarung ist noch nicht der große Wurf für Natur- und Artenschutz. Aber sie ist ein erster Erfolg für die mehr als 100 Unterstützerverbände des Volksbegehrens Artenvielfalt. Anscheinend hat die Landesregierung aus Bayern gelernt und wartet nicht erst die Unterschriftensammlung ab, bevor es zu Gesprächen kommt. Schon unmittelbar nach Einleitung des Volksbegehrens bei der Landeswahlleiterin bewegt sich die Große Koalition und kündigt konkrete Gesetzesveränderungen im Naturschutz-, Wasser- und Waldgesetz sowie einige finanzielle Zusagen an. Das ist überfällig angesichts des großen Verlusts biologischer Vielfalt insbesondere in der Landwirtschaft.

In den anstehenden Gesetzes- und Haushaltsberatungen im Landtag kommt es nun darauf an, dass die wesentlichen Punkte des Volksbegehrens auch in den Gesetzestext einfließen und nicht von der CDU-Fraktion und Agrarlobby aufgeweicht werden. Hier ist vieles in der Absichtserklärung noch sehr vage, zum Beispiel beim notwendigen Verbot von Pestiziden in Schutzgebieten, beim Schutz von Alleebäumen, der Sicherung ausreichender Gewässerrandstreifen und bei dem Verbot Grünland umzuwandeln.

Auch die finanziellen Mittel reichen bereits bei weitem nicht aus, um längst vorgegebenen Maßnahmenpläne der FFH-Richtlinie und der EU-Wasserrahmenrichtlinie gemeinsam mit den Kommunen umzusetzen. Hier hängt Niedersachsen hinterher. Daher ist die Fortsetzung des Volksbegehrens für mehr Artenschutz in Niedersachsen richtig und wichtig und die Landesregierung wäre gut beraten, den ausformulierten Gesetzestext des Artenvielfalt-Bündnisses zu übernehmen.“ (PM 51 v. 25.05.2020)

Anrede,

Frau Modder, Sie beschweren sich hier im Landtag über das Verhalten der Umweltverbände BUND und NABU und tun überrascht, dass das Volksbegehren weitergeht.

Dabei war das doch allen Unterzeichner*innen des niedersächsischen Weges klar.

Herr Dammann-Tamke erklärte im Rundblick am 5. Mai, dass er eine Präambel an die Spitze der Vereinbarung will, in der ausdrücklich „der Vorrang von Anreizsystemen gegenüber dem Ordnungsrecht“ betont wird. Dies ist ausdrücklich nicht passiert. Ebenso wurde kein Verzicht auf ein demokratisches Element Volksbegehren vereinbart.

Das war auch allen bei der Unterzeichnung des Niedersächsischen Weges klar. Ich zitiere die HAZ vom 25.5.2020:

„Ohne die Ankündigung dieses Volksbegehrens wären wir heute nicht so weit gekommen“, sagt der Nabu-Landesvorsitzende Holger Buschmann. Das neue Abkommen sei erst ein „Start-, aber noch kein Endpunkt“.

Auch danach war klar, dass BUND, NABU, Imker*innen und viele andere weiter Unterschriften sammeln und Unterstützer*innen des Volksbegehrens bleiben, bis ein gutes Gesetz und ein gutes Finanzpaket hier im Landtag verbindlich verabschiedet sind. Absichtserklärungen dieser Landesregierungen, die nicht umgesetzt werden gibt es nun wahrlich genug. Und Drohungen von Frau Modder an die Umweltverbände helfen auch nicht weiter. Es sind auch viele Sozial- und Christdemokrat*innen in den Umweltverbänden aktiv am Sammeln und lassen sich von oben keine Vorschriften machen.

Denn große Ankündigungen der GroKo kennen wir zu Genüge und warten darauf mehr als 2 ½ Jahre. Ein Klimagesetz ist immer noch nicht verabschiedet und auch mehr Geld für Naturschutz, Weideprämie und Ökologischen Innovation fehlt völlig.

Anrede,

im Volksbegehren gibt es für jede gesetzliche Einschränkung einen gesetzlich fixierten finanziellen Ausgleich. Beim niedersächsischen Weg sollen nur zusätzliche Leistungen honoriert werden. Im Finanzplan zum Volksbegehren stehen (laut Weserkurier) auch nur 76 Mio. Euro pro Jahr, davon ist die Hälfte für die Kommunen zur Umsetzung der FFH-Richtlinie. Große Teile bestehen aus einer Umverteilung von EU und Bundesgeldern, die sowieso da sind. Wirklich zusätzlich sollen etwa mit gerade mal 300.000 Euro die Roten Listen aktualisiert werden. Damit kann ich gerade mal die Artenliste in einem Landkreis auf den neuesten Stand bringen.

Alleebäume werden bei Ihnen anders als in Bayern überhaupt nicht geschützt. Hier könnten die Straßenbaubehörden von Herrn Althusmann weiter Bäume abholzen, während der Heimatbund dem Ministerpräsidenten dies prioritär in der roten Mappe überreicht.

Anrede,

und liebe SPD und CDU, wenn Sie ein Volksbegehren verhindern wollen, lernen Sie von Bayern. Bringen Sie unseren Gesetzentwurf in den Landtag ein und beschließen ihn. Dann und erst dann ist ein Volksbegehren nicht mehr nötig. Ansonsten müssen die Niedersächsinnen und Niedersachsen entscheiden was ihnen Artenvielfalt wert ist. Das ist direkte Demokratie wie sie in unserer Verfassung steht.

Vielen Dank.

 

Rede von

Christian Meyer (MdL)

naturschutzpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion

Kategorie

2020 | Klimaschutz | Landtag | Umweltschutz

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